Donnerstag, 25. April 2013

Teil 1, Und ewig kriechen die Lobbyverbände aus ihren Löchern

Update 2013-04-26

Gestern kurz vor Mitternacht hatte die Lobby-Kampagne der Musikindustrie leider Erfolg. Gestützt durch Abgeordnete der Grünen (ja, das waren die, die sich mal gegen Schutzfristverlängerungen ausgesprochen hatten!) wurde der Regierungsentwurf zur Verlängerung der Schutzdauer für ausübende Künstler und Tonträgerhersteller von 50 auf 70 Jahre(!) durchgedrückt.

Zitat Heise Online: "Diese Regelung wird etwa für jene gelten, die beim einspielen eines Albums beteiligt sind. Genauso lang soll künftig aber auch der Schutz der Urheberrechte von Komponisten und Textern währen. Die SPD enthielt sich bei der Abstimmung, die Linke votierte dagegen. Bei Musikwerken mit einem Komponisten und einem Texter soll die ausgedehnte Frist mit dem Tod des zuletzt Verstorbenen beginnen… …Eine Aussprache im Plenum fand angesichts der vorgerückten Stunde kurz vor Mitternacht nicht mehr statt, die vorgesehenen Reden gingen nur zu Protokoll."

Peinlich, nein, enttäuschend ist das Verhalten der Grünen.  Nochmal Heise: " Die Grünen monierten, dass die Verlängerung politisch problematisch sei, da sie zu Lasten der Interessen der Verbraucher sowie der eigentlichen Werkschöpfer gehe. Sie hätten sich trotzdem entschieden, die Umsetzung der EU-Vorgaben mit dem Entwurf zu unterstützen."

Fazit: Wenn das  Urheberrecht nicht endlich auch Nutzer gerecht reformiert wird, braucht sich keiner wundern wenn sich diese radikalisieren. Ich würde es verstehen.

Dieser Tage war es wieder soweit. Die Musikindustrie hat eine Handvoll darbender Musiker, wie Sven Regener zusammen getrommelt und beweint auf ihrer Facebookseite(!) unter dem theatralischen Titel "Don't fuck with Music!" wiederholt den Untergang des Abendlandes (warum es nicht untergeht steht hier).

Nahezu gleichzeitig hat die Verwertungsgesellschaft VG Wort(!) unter http://wir-geben-8.net ihrer Angst, die Schutzdauern könnten reduziert werden, Ausdruck verliehen.

Betrachten wir mal die beiden Kampagnen bei Tageslicht.

Don't fuck with music! Antwort als Fan

Wenn man vom idiotischen Titel absieht und auf die Webseite klickt, findet man
dort folgende Statements an die Fans:

"Das Internet soll Musik fördern, nicht verheizen."


Dem Internet ist Musik erstmal völlig egal. Daten sind Daten und wir können das Internet nicht kontrollieren, ohne es zu zerstören. Das Internet  funktioniert nur als Medium. Es fördert weder Musik noch verheizt es welche.  Es transportiert Daten von A nach B und zurück. Es sorgt dafür, daß die Welt  zu einem Dorf wird. Wenn wir Schlagbäume aufstellen, wird jeder sein Päckchen  herausholen und wir haben die virtuelle Kleinstaaterei. Und eine Große Mauer wie in China will keiner!

"Wir freuen uns über die Verbreitung unserer Musik. Aber fragt  bitte vorher." 


Warum das denn? Wenn Musik veröffentlich wurde, ist sie  veröffentlicht. Und ich werde meinen Freunden gute Musik weiterempfehlen und  schlechte nicht.

Und wenn ihr Euch über Verbreitung freut, macht gute Musik und diskriminiert  nicht Eure Fans, zB. weil sie Konzernmitschnitte anderen Eurer Fans zur verfügen stellen. Ohne Fans seid ihr nichts. So einfach!

"Musik illegal runterzuladen ist leichter als Fahrräder klauen, aber  nicht richtiger." 


Das Gegenteil ist der Fall. Musik legal herunterzuladen ist  heute, da hat die Musikindustrie durch itunes auf die harte Tour gelernt,  deutlich einfacher als in irgendwelchen Foren und Torrents zu stöbern.

"Wer etwas schafft, verdient Respekt. Wir schaffen gute Musik." 

Seid ihr sicher, daß diese Aussage an die Fans gerichtet ist? Wer, wenn nicht der Fan weiß denn Eure Musik zu würdigen? Oder meint ihr gar nicht "Respekt", sondern vielleicht Geld?
Um mal Klartext zureden, macht gute Musik,  behandelt Eure Fans nicht wie Kriminelle, dann bekommt ihr Respekt!

"Auch unsere Partner in der Musikbranche verdienen Respekt. Ohne sie können wir unsere Musik nicht machen." 


Hier gilt das eben gesagte.

"Es kostet viel Geld und Zeit, Musik zu schreiben, zu produzieren  und aufzunehmen. Währenddessen haben wir kein Einkommen durch Jobs oder  Konzerte."


Das ist eine Nebelkerze. Schon immer in der Geschichte der Kunst war der Großteil der Künstler darauf angewiesen, ihre künstlerischen  Ambitionen durch schnöden Broterwerb zu finanzieren. Nur den wenigsten war es vergönnt von einem Mäzen gefördert zu werden.
 Heute geht es der großen Masse  der Künstler relativ gut, sie verhungern nicht, sei es, weil noch Geld aus  früheren Veröffentlichungen, aus Rückfluss durch Urheberrechtsabgaben, Vorschüsse oder, wenn es gerade wirklich schlecht läuft, vom Sozialamt  fliesst. Anders gesagt, nehmt Euch nicht wichtiger als die Krankenschwester, der Softwareentwickler, der Bäcker oder der Freiberufler.

"Auch Musiker brauchen ein paar Sicherheiten. Die gibt uns das  Urheberrecht." 


Jep, das berechtigt aber nicht Musiker dazu, Forderungen zu erheben, wenn ihr Geschäftsmodell den Bach heruntergeht. Das Urheberrecht ist  nicht dazu da Schreibstuben vor den Druckereien zu retten, eine Lex Pferdedroschke hat es ja schliesslich auch nicht gebraucht.

"Gesetze sind nicht zur Bestrafung, sondern zum Schutz da. Warum sollte man gerade Musiker davon ausnehmen?"


Wer fordert denn ein Gesetz zur   Bestrafung von Musikern? Wenn auf das Urheberrecht angespielt wird, das hat  einen Ausgleich zwischen den Interessen der Nutzer, dh. zB. der Übernahme von  veröffentlichter Musik in den Kulturraum der Gesellschaft, der Urheber, hier  der Musiker auf Namensnennung und Vergütung und den Interessen der Verwerter  zum Schutz von Investitionen zu schaffen.
Wenn man sich die Geschichte des  Urheberrechts anschaut, wurde als Begründung der Notwendigkeit desselben  immer wieder angeführt, daß dies ja die kulturelle Vielfalt fördern würde,  mittlerweile bin ich mir da nicht mehr sicher, ob wir ein Verwerterrecht noch  benötigen.

"Ihr dürft jeden anzeigen, der euch etwas wegnimmt. Das wollen wir  auch dürfen." 


Wieder eine Nebelkerze, diesmal aufbauend auf dem Konstrukt des  "geistigen Eigentums". Worum es tatsächlich geht, ist, es anderen zu verbieten  Kopien eurer Werke zu erstellen.
Bei kommerziell motivierten Kopien, die ohne  euer Einverständnis gemacht wurden, sind wir bei Euch.

Don't fuck with music! Antwort als Politiker



Wenn man als Fan mal einen Blick auf die Statements wirft, die an die Politik
gerichtet ist, sieht man, es geht nur um Wahrung der eigenen Pfründe. Hier die
Statements und ein paar Antworten:

"Nur ein starkes Urheberrecht sorgt dafür, dass sich Kulturschaffen auch lohnt."


Wie oben beim Fan-Statement "Gesetze sind nicht zur Bestrafung,
sondern zum Schutz da. Warum  sollte man gerade Musiker davon ausnehmen?"
geschrieben, ist die Grundfrage, die das Urheberrecht regeln soll, die, wie wir
es schaffen, daß unsere nachfolgenden Generationen einen Kulturschatz
vorfinden. Wenn mit stetig wiederholten Forderungen seitens der
Verwerterindustrie nach Verlängerungen von Schutzfristen es unmöglich gemacht wird, daß Musik in der Gesellschaft als Volksgut aufgenommen wird, ist dann die Forderung an die Politik ein Schlag ins Gesicht zum Beispiel der Kindergärten und Schulen, die im Auftrag von der GEMA für Kinderlieder pauschal in Regreßgenommen wurden?

"Dateihoster müssen in die Pflicht genommen werden. Sie verdienen Geld mit der Arbeit anderer Leute." 


Was für ein hanebüchener Blödsinn!
Dateihoster sind nichts anderes als Anbieter für virtuelle Lagerräume. Hat man je von Waldbesitzern gehört, die an die Politik herantreten und sagen: "Holzlagervermieter müssen in die Pflicht genommen werden. Sie verdienen  Geld mit der Arbeit anderer Leute."?

"Filesharer sind auch nicht viel besser. Sie wollen die Arbeit  anderer Leute umsonst." 


Argl! Man möchte schreien bei soviel Dummheit!
Filesharing ist ökologisch und ökonomisch eine Möglichkeit Netzbandbreite und Speicherplatz zu teilen. Filesharing ist weder gut noch böse, es handelt sich dabei um eine verteilte Ressourcenbereitstellung und wird zB. von Firmen und  Behörden genutzt, mit großen Datenmengen umzugehen.
Filesharing ist zu vergleichen mit Fahrgemeinschaften oder mit großen Baustellen, wo zB. die linke Wand von Lieferant A und die rechte von Lieferant B besorgt wird.

"Filesharing schwächt die zahlreich vorhandenen legalen  Musikangebote im Internet und entwertet Musik als Handels- und Kulturgut."


Auch diese Aussage ist nichts als eine Nebelkerze. Filesharing ist erst einmal nichts als eine Methode, Daten verteilt zu speichern oder zu transportieren.
Diese Methode ist erstmal grundsätzlich neutral. Wer fordert, Filesharing zu unterbinden, will nichts anderes, als im Internet virtuelle Schlagbäume   aufzustellen und an diesen jedem Nutzer ins Gepäck gucken zu wollen. Heute  will das die Musikindustrie, dann kommen Firmen, die unliebsame Beiträge  unterdrücken wollen und am Ende haben wir kein freies Internet mehr, sondern einen Überwachungsstaat, bei dem die Musikindustrie den "Sicherheits"politikern ein  Eingangstor geöffnet hat.

"Professionelle Hostingdienste machen Musikalben für Rechtsverletzer  noch bequemer erreichbar." 


Die Aussage ist nicht unwahr, leider aber auch nicht wirklich richtig, kurzum: Nebelkerze.
Tatsache ist, Professionelle Hostingdienste machen Dateien für jeden Nutzer solcher bequemer erreichbar. Auch diese Dienste sind ersteinmal völlig inhaltsneutral.
Wenn also jemand mit der Aussage fordert,   Hostingdienste zu verbieten oder diese zu verpflichten Inhalte zu  kontrollieren ist das ungefähr so, wie wenn jemand forderte, die Deutsche Bahn möge ihre Reisenden auf mitgenommene Musikalben überprüfen. Absurd!

"Wer vom Musikkopieren finanziell profitiert, muss die Musiker und ihre Partner am Gewinn beteiligen."


Nein, muß er nicht. Es kommt nämlich darauf an, was man genau unter "Kopieren" versteht. Die Aussage ist nur dann haltbar, wenn "Kopieren von Musik" als Dienstleistung im Sinne von "Anbieten von Musik an alle gegen Entgelt" gemeint ist.
Wenn darunter aber auch "Kopieren einer Datei, weil das Medium die Welt zum Dorfe macht" gemeint ist – ein klares Nein!
Wenn heutzutage über das Internet Smartphone, Computer und sonstige Geräte miteinander verbunden sind, dann wird über das Medium  immer auch eine Kopie erzeugt. Wer dann einen Synchronisierungs- oder Hostingdienst, wie zB. Dropbox anbietet, hat Kosten für die Bereitstellung von Hardware, die den Dienst sichern.
Dieser Dienst ist aber Datenneutral.
Das ist ungefähr vergleichbar mit einem Stromnetzanbieter, der ja ebenfalls   Hardware bereitstellt um den Dienst zu sichern. Und einen Stromnetzbetreiber   wird man auch nicht für den Kopiervorgang von Musikalben in Regress nehmen, nur weil die neueste Regener-Aufnahme durch Elektronen in Richtung   Lautsprecher bewegt werden.

"Zehntausende Jobs sind vom Funktionieren eines digitalen  Musikmarktes unmittelbar oder mittelbar abhängig." 


Wie oben schon geschrieben, Aufgabe von Politik darf es nicht sein, Geschäftsmodelle zu sichern. Eine "Lex Pferdeäpfel" hätte den Fortschritt des Automobils auch nicht aufgehalten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen