Sonntag, 8. Dezember 2013

Kommentar zum Entwurf der Staatsregierung "Gesetz über die Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden und zur Änderung eines weiteren Gesetzes"

Vorwort


Im folgenden Beitrag kommentiere ich den Entwurf der Sächsischen Staatsregierung zur Neurregelung des Gesetzes über die Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. Der Entwurf wird am 2013-12-09 in der
43. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien behandelt und findet sich im RevoSax unter der Drucksache 5/12505Seite öffnet in neuem Fenster

Eines vorweg, die PDFs des Sächsischen Landtags sind immer wieder defekt und sind damit nicht barrierefrei. Ich habe die og. Drucksache in einer OCR-ten Version in meiner Dropbox veröffentlicht (Sie sollte eigentlich auch mittels Screenreader lesbar sein, leider funktionierte die Zuordnung nicht so sauber, wie ich mir das vorgestellt hatte.)

Der Gesetzentwurf sieht im Kern zwei Änderungen vor. Zum einen soll die Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) in einen Staatsbetrieb umgewandelt werden. Zum anderen soll die Ablieferung von Pflichtexemplaren neu geregelt werden.

Zu den Punkten im Einzelnen:

Umwandlung in einen Staatsbetrieb

Die SLUB soll laut Gesetzentwurf in einen Staatsbetrieb, Zitat: „Die SLUB soll als Staatsbetrieb
gemäß §26 SäHO geführt werden und hat ihren Sitz unverändert in Dresden.
“.

Interessanterweise lautet der §26 Absatz 1 der SäHO aber wie folgt:
§ 26 SäHO – Staatsbetriebe, Sondervermögen, Zuwendungsempfänger 
(1) Staatsbetriebe sind rechtlich unselbständige, organisatorisch abgesonderte Teile der Staatsverwaltung, bei denen wegen einer betriebs- oder erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Tätigkeit oder wegen des Absatzes ihrer Erzeugnisse besondere Bewirtschaftungsvorschriften gelten. Bei Staatsbetrieben ist ein geeignetes Aufsichtsorgan einzurichten. Das Nähere regelt das Staatsministerium der Finanzen.
Die SLUB ist in ihrem Kern eine Bibliothek, die, zumindest nach meinem Verständnis nicht, auch nicht in Teilen, erwerbswirtschaftlich ausgerichtet ist oder ausgerichtet werden kann. Dies unterscheidet sie zum Beispiel von der Deutschen Zentralbibliothek für Blinde, die zum Teil auch Verlagstätigkeiten für auf Sehbehinderte und Blinde spezialisierte Medien übernimmt und dort eine Ausrichtung als Staatsbetrieb eher sinnvoll war.

In der Begründung zum Gesetzentwurf wird angeführt, daß ein Hauptgrund für die Umwidmung zum Staatsbetrieb die Eröffnung der Möglichkeit der Hinwendung zur Doppik, statt Kameralistik sei und damit die SLUB ihre Betriebsplanungen eigenständiger übernehmen könne.

Doch diese Begründung ist mE. nicht haltbar. Wie das Beispiel der Deutschen Zentralbücherei zeigte, sind Staatsbetriebe nicht per se finanziell so selbstbestimmt, wie es von den Befürwortern suggeriert wird.

Zum anderen hat sich Sachsen auf der einen Seite gegen die Einführung der Doppik in seinen Landesverwaltungen entschieden, ergänzt aber die Kameralistik bereits um betriebswirtschaftliche Elemente, wie die bereits in der SLUB eingeführte Kosten-Leistungsrechnung.

Davon abgesehen könnte ich mir vorstellen, daß schon die ersten Verlage Gewehr bei Fuß stehen, die ihre Anwälte mit Hilfe des Urheberrechtes, genauer §52b:
§ 52b Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätzen in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven  
Zulässig ist, veröffentlichte Werke aus dem Bestand öffentlich zugänglicher Bibliotheken, Museen oder Archive, die keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder Erwerbszweck verfolgen, ausschließlich in den Räumen der jeweiligen Einrichtung an eigens dafür eingerichteten elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private Studien zugänglich zu machen, soweit dem keine vertraglichen Regelungen entgegenstehen. Es dürfen grundsätzlich nicht mehr Exemplare eines Werkes an den eingerichteten elektronischen Leseplätzen gleichzeitig zugänglich gemacht werden, als der Bestand der Einrichtung umfasst. Für die Zugänglichmachung ist eine angemessene Vergütung zu zahlen. Der Anspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.

in Stellung bringen, den Text wörtlich auslegen und den Status der SLUB als öffentliche Bibliothek im Sinne des genannten Absatzes bezweifeln werden um so ihre Verhandlungsposition neu zu definieren und zu stärken.

Zum jetzigen Zeitpunkt sind für mich daher keine Vorteile zu erkennen, die für eine Führung der Sächsischen Staats- Landes- und Universitätsbibliothek als Staatsbetrieb sprächen.

Anpassung der Pflichtaufgaben

Der oben genannte Entwurf ist aber nciht nur kritisch zu sehen. In §2 sollen die Aufgaben der SLUB an die Realitäten angepasst werden. Bisher sind folgende Aufgaben festgelegt:
  1. Sammlung, Pflege und wissenschaftliche Betreuung der wertvollen Bestände der sächsischen, nationalen und internationalen Literatur und Buchkultur sowie der Sondersammlungen, insbesondere der Musikquellen, Handschriften, Karten, stenographischen Schriften, Bild- und Tonträger;
  2. Beschaffung, Erschließung und Vermittlung der für Lehre, Forschung und Studium an der Technischen Universität Dresden sowie der zur Deckung des zusätzlichen wissenschaftlichen Bedarfs des Landes erforderlichen Literatur und anderer Informationsträger; 
  3. Umfassende Sammlung und Archivierung von Literatur, Bild- und Tonträgern über Sachsen sowie der in Sachsen erscheinenden ablieferungspflichtigen Publikationen (Pflichtexemplare);
  4. Erarbeitung der jährlich erscheinenden „Sächsischen Bibliographie“; 
  5. Anfertigung von Fotodokumenten aufgrund des Sammelauftrages; 
  6. Einrichtung und Betrieb einer „Landesstelle für Bestandserhaltung“;
  7. Bearbeitung des „Sächsischen Zentralkataloges“ als Leihverkehrszentrale aller sächsischen Bibliotheken; 
  8. Archivierung von ausgesondertem staatlichen Bibliotheksgut;
  9. Unterstützung der regionalen Arbeit der Bibliotheken und Informationseinrichtungen im Freistaat Sachsen;
  10. Mitwirkung in überregionalen Gremien.
Im neuen Entwurf  sind die Aufgaben etwas anders gestaltet. So spricht man in 1. nicht mehr von „Pflege und wissenschaftlicher Betreuung“, sondern von „Erhalt und wissenschaftlicher Erschliessung“, was einen deutlichen Fortschritt darstellt und dem wissenschaftlichen Anspruch nicht nur einer Universitätsbibliothek näher kommt.

Es wird statt von „wertvolle Bestände“ allgemeiner von „Medien“ gesprochen, welches die Aufgabe der Bibliothek damit allgemeiner fasst, als bisher und auch elektronische Medien mit einschliesst.

Der Punkt 2. bleibt unverändert. Der Punkt 3. wurde ergänzt um digitales: „in Sachsen erscheinenden ablieferungspflichtigen analogen und digitalen Publikationen (Pflichtexemplare);“.

Dieser Punkt ist ein absoluter Fortschritt und meines Erachtens längst überfällig, da viele Saxonica bereits heute nur in elektronischer Form erscheinen.

Gestrichen ist in einem weiteren Punkt die Mitwirkung in überregionalen Gremien. Dies ist für mich nicht nachvollziehbar. Sachsen hätte es gut zu Gesicht gestanden an der Erarbeitung von gemeinsamen Standards im Bibliothekswesen mitzuwirken. Die Begründung für die Streichung ist mir nicht bekannt.
Auch wurde der Sächsische Zentralkatalog als eine Aufgabe der SLUB aus dem Entwurf gestrichen. Auch hier wäre ich auf Feedback gespannt.

Fazit


Alles in allem sehe ich einige gute Ansätze in dem neuen SLUB-Gesetzentwurf, aber eben auch Punkte, die meiner Einschätzung nach mit dem Rotstift der Staatsregierung in den Entwurf gekommen sind. Die Ausweitung auf digitale Medien war überfällig und stellt einen Schritt in die richtige Richtung dar.

Ich bin gespannt, ob der Entwurf 1:1 durchkommt oder der Sächsische Landtag mit Augenmaß die Rechte und Pflichten der Sächsischen Staats- Landes- und Universitätsbibliothek an die Erfordernisse an eine moderne Bibliothek anpasst.




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